13.07.2024 ● Johannes Striegel
Quiet Firing: Unterschwelliges Mobbing bis zum Rauswurf
Nicht immer trennen sich Arbeitgeber von ihren Angestellten harmonisch. In manchen Unternehmen mit schwacher Führungskultur werden sogar unschöne Geschütze aufgefahren.
Manchmal passt es einfach nicht. Wenn sich aus Sicht der Arbeitgeber die Wege zwischen einem Angestellten und dem Unternehmen trennen sollten, muss es eine klare Kommunikation darüber geben. Das passiert aber nicht immer – etwa beim Quiet Firing.
Was ist Quiet Firing?
Quiet Firing ist ein seit einigen Jahren in der Arbeitswelt verkehrender Begriff, der wörtlich übersetzt so viel wie „Stilles Kündigen“ oder etwas schroffer formuliert „Stilles Feuern“ bedeutet. Damit wird die Praxis von Arbeitgebern beschrieben, die Arbeitsbedingungen für bestimmte Mitarbeiter so gestalten, dass diese sich letztlich dazu entschließen, selbst zu kündigen.
Diese durchaus immer öfter vorkommende, ethisch aber sehr verwerfliche Taktik äußert sich auf vielen Ebenen. Das Vorenthalten von Aufstiegschancen, das Ignorieren bei der Vergabe von wichtigen Aufgaben, öffentliche, teils überzogene Kritik oder allgemein schlechte Behandlung sind Anzeichen dafür, dass eine Führungskraft eine Person nicht mehr in ihrem Team haben möchte.
Im Gegensatz zu direkten Konflikten bleibt Quiet Firing subtil und unter der Oberfläche verborgen – es geht nicht um offensichtliches Fehlverhalten, sondern um eine schleichende Entmutigung.
Mobbing und Bossing gehen noch weiter
Bei dieser Definition fühlt man sich schnell an Mobbing erinnert – oder Bossing, dessen Vorgesetzten-Pendant. Mobbing erfolgt meist durch Kollegen und zeichnet sich durch fast schon systematische Schikane oder Ausgrenzung einer Gruppe gegenüber Einzelnen aus – Bossing beschreibt dasselbe, allerdings geht es von Vorgesetzten aus.
Der entscheidende Unterschied zu Quiet Firing: Bei Mobbing und Bossing sind die Handlungen offensichtlicher und aggressiver. Quiet Firing hingegen wirkt subtiler – die Zeichen sind oft schwerer zu erkennen und zu beweisen.
Keine rechtliche Handhabe
Während Mobbing rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann, bleibt Quiet Firing in einer Grauzone: Es ist schwer fassbar und oft nicht direkt justiziabel. Diese fehlende rechtliche Handhabe trifft viele Arbeitnehmer in der Realität hart, die von diesem unschönen Umstand betroffen sind.
Das Kündigungsschutzgesetz, das in der Regel dazu dient, Arbeitnehmer vor dem Ziel des Quiet Firing – einer willkürlichen oder ungerechtfertigten Entlassung – zu schützen, wird so indirekt umgangen.
Da die Angestellten letztendlich selbst zur Entscheidung der Kündigung unterschwellig getrieben werden, gibt es keine rechtliche Grundlage, dagegen vorzugehen. Die subtile Natur des Quiet Firing macht es zudem nahezu unmöglich, ausreichende Beweise für eine unfaire Behandlung zu sammeln, die eine rechtliche Auseinandersetzung rechtfertigen könnte. Doch wie kommt es zu solchen Vorgehen?
Richtige Führungskultur ist entscheidend
Die richtige Führungskultur ist entscheidend, um solche Praktiken zu vermeiden. In einer Arbeitswelt, in der Transparenz, offene Kommunikation und eine klare Mitarbeiterorientierung gelebt werden, sollten Praktiken wie das Quiet Firing gar nicht erst einen Nährboden finden.
Klar: Neben der Geschäftsführung spielen Führungskräfte hier die Schlüsselrolle. Sie müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und aktiv daran arbeiten, eine Kultur der Wertschätzung und des Respekts zu fördern. Wenn es einmal nicht passt, muss darüber gesprochen werden. Bereits von Beginn an helfen reguläres Feedback und eine Offene-Tür-Politik.
Gerade Unternehmer und Personalverantwortliche sollten alles daran setzen, dass sich eine solche Praktik nicht etabliert. Das schadet nicht nur den Betroffenen, sondern zahlt auch negativ auf die Arbeitgebermarke ein.