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Erste Erkenntnisse: Funktioniert die 4-Tage-Woche?

45 Unternehmen testen in Deutschland die 4-Tage-Woche. Erfahren Sie, ob dieses Modell die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeiter steigern kann.
Veröffentlicht am 18.05.2024
Bild: Krakenimages.com - stock.adobe.com

In Deutschland läuft seit Februar ein Pilotversuch. 45 Unternehmen testen die 4-Tage-Woche. Kann das funktionieren?

Die Grundannahme der viel diskutierten 4-Tage-Woche: Arbeitnehmer arbeiten nur noch vier anstatt der üblichen fünf Tage pro Woche. Dafür erhalten sie aber das gleiche Gehalt. Die im Februar hierzulande gestartete Studie ist nicht die erste ihrer Art. Unter anderem Großbritannien hat es vorgemacht – mit wenig überraschenden Erkenntnissen.

Arbeitnehmer möchten nur noch vier Tage arbeiten

Ein Blick auf das, was Arbeitnehmer möchten, vermittelt ein klares Bild. Geht es nach ihnen, arbeiten sie künftig nur noch an vier Tagen pro Woche. Im Rahmen einer HDI-Studie sprachen sich 2022 knapp 63 Prozent für so ein Modell aus, eine Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung kommt 2023 sogar auf rund 81 Prozent Befürworter.

Was sie sich erhoffen, ist klar: Weniger Arbeit, mehr Zeit für Freizeit und Familie. Arbeitgeber auf der anderen Seite erhoffen sich mehr Produktivität, eine zufriedenere und gesündere Belegschaft.

Dass dieses Thema zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften heiß diskutiert wird, überrascht nicht. Dabei zeigen viele Studien, dass weniger Arbeitszeit nicht gleich weniger Arbeitsleistung bedeutet. Ganz im Gegenteil – die Produktivität steigt sogar oft an, so schaffen Angestellte mehr in weniger Zeit.

Dazu kommt, dass es durch eine verkürzte Woche weniger Fehltage gibt. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie der Universität Cambridge und des Boston Colleges. Zudem sind die Angestellten ausgeruhter und gehen motivierter ans Werk.

In Island und Belgien funktioniert das Modell

Das haben auch einige Unternehmen und Länder erkannt. Ein Blick auf einige Volkswirtschaften in Europa zeigt, dass das Modell der 4-Tage-Woche funktionieren kann.

In Island etwa besteht seit drei Jahren das Anrecht darauf, nur 35 Stunden in der Woche zu arbeiten, ohne weniger Lohn zu erhalten. In eine ähnliche Kerbe schlägt Belgien. Hier müssen Arbeitnehmer ihre 38 Wochenstunden nicht an fünf Tagen erledigen – sie können sie auch auf vier Tage verteilen. In diesem Modell ist allerdings die Arbeitszeit nicht verkürzt.

Dennoch zeigen Modelle und Versuche wie diese, dass der Ansatz funktionieren kann. Auch 61 britische Unternehmen haben das getestet. Das beeindruckende Ergebnis: 56 davon bleiben bei der 4-Tage-Woche, profitieren deutlich von den positiven Effekten vor allem in Bezug auf die Mitarbeitergesundheit.

Würde das auch in Deutschland funktionieren?

Zurück nach Deutschland. Hier läuft seit Februar ebenfalls ein Pilotversuch. 45 Unternehmen, vier Tage, 100-80-100-Prinzip. Das bedeutet: 100 Prozent Leistung bei 80 Prozent Arbeitszeit und 100 Prozent Bezahlung. Initiator des Projekts ist Intraprenör, eine Unternehmensberatung, deren Versuch durch die Universität Münster wissenschaftlich begleitet wird. Die Ergebnisse der sechsmonatigen Studie werden für Herbst erwartet. Es wäre verwunderlich, wenn die Erkenntnisse drastisch anders ausfallen als in vergleichbaren anderen europäischen Ländern wie Belgien oder Großbritannien.

Ob sich solche Ansätze in der deutschen Wirtschaft durchsetzen, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt teils heftigen Gegenwind seitens großer Arbeitgeber des Landes. Siemens-Personalchefin Judith Wiese etwa sagt: „Eine Diskussion über kürzere Arbeitszeiten können wir uns volkswirtschaftlich ganz klar nicht leisten.“

Angesichts der nicht nur in Bezug auf softe Faktoren wie das Mitarbeiterwohlbefinden, sondern auch auf harte wie die Produktivität und den Umsatz bezogenen positiven Ergebnisse zahlreicher europäischer Testphasen der 4-Tage-Woche überrascht die Deutlichkeit solcher Aussagen.

Ob auch in Deutschland auf lange Sicht künftig nur noch vier Tage gearbeitet wird, ist offen. Mit den Ergebnissen des Pilotprojekts im Herbst wird die Diskussion sicherlich Fahrt aufnehmen – bis mindestens dahin bleibt es für die meisten Deutschen bei der klassischen 5-Tage-Woche.

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Johannes Striegel